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24.08.2006 - Wie man einen Stadtwerkebetrieb zerkleinert

(vom 24.08.2006)

1995 kauften die Stadtwerke Lippstadt für 43,5 Mio € das Stromleitungsnetz der VEW (heute: RWE). Das Netz wurde damit Bestandteil des Anlagevermögens. Jährlich wurden 3.5 Mio € darauf abgeschrieben; diese 3.5 Mio € mussten andererseits auch erwirtschaftet werden, um Rücklagen für Investitionen, Netzpflege, Unterhaltung und Neuanschaffungen zu bilden. Die Grundlage für die Kalkulation der Abschreibungen soll sich jetzt aber ändern.

Die Bundesnetzagentur vertritt nämlich neuerdings den Standpunkt, dass der so genannte Sachzeitwert eines Netzes für die Kalkulation von Netznutzungsentgelten keine Rolle spielen darf. Die Regulierungsagentur stellt im Falle Lippstadts vielmehr auf die „historischen Herstellungskosten" von 15 Mio € ab (nach einem von Lippstadt 1994/95 in Auftrag gegebenen Gutachten). Ein Stromnetz, das nur mit 15 Mio € zu Buche steht, verringert drastisch das Anlagevermögen der Stadtwerke, führt damit automatisch zur (politisch gewollten) Senkung von Netznutzungsentgelten, führt dadurch durchaus zur Senkung des Strompreise, führt aber andererseits Stadtwerke, wie den kerngesunden Lippstädter Betrieb in die Nähe des Ruins.

Wenn nur auf einen Anlagenwert von 15 Mio € abgeschrieben werden darf, entsteht in Lippstadt langfristig ein Investitionsproblem. Die erforderlichen jährlichen Aufwendungen für Investitionen (Neuanlagen und Ersatzmaßnahmen) von 3,5 Mio.€ werden nämlich nicht nicht mehr über die Abschreibungen erwirtschaftet sondern reduzieren den Gewinn; in Lippstadt würden sogar Verluste erwirtschaftet. Ohnehin war und ist der Betrieb der Stadtwerke Lippstadt nicht auf Gewinnmaximierung ausgelegt, sondern immer an der Leistungsfähigkeit des lokalen Marktes orientiert; der Lokale Versorger versteht seine Preispolitik nämlich durchaus als Wirtschaftsförderungsinstrument. Über Gewinnabführung an die Stadt oder Rücklagenbildung braucht sich ein Stadtwerke-Geschäftsführer in dieser neuen Situation keine Gedanken mehr zu machen.

Als Alternative verbliebe die Möglichkeit, die Unterhaltung des Netzes drastisch zu reduzieren oder ganz einzustellen. Dadurch bliebe das Betriebsergebnis in der Balance und auch der Stadtkämmerer wäre einigermaßen zufrieden. Zeitgleich würden jedoch Arbeitsplätze bei externen mittelständischen Tiefbaufirmen weg brechen, weil ja Stadtwerke-Aufträge im Bereich Netzerhaltung, Netzerweiterungen etc. verloren gingen. An der Versorgungsqualität in Lippstadt würde sich zunächst nichts ändern. Nach ca. 10 Jahren dürfte für Haushalts- und Gewerbekunden wie Großkunden jedoch eine so unberechenbare und instabile Stromversorgungssituation entstehen, wie sie in den USA die Regel ist (im Sommer 2006 musste in New York City das Stromnetz wegen Überlastung tagelang abgeschaltet werden).

Hintergrund dieses Szenarios ist die 4. Kartellrechtsnovelle von 1984 und die jüngsten nationalen Anstrengungen, mehr Wettbewerb in der Strom- und auch in der Gasversorgung zu generieren. Konzessionsverträge dürfen seither nicht mehr 35 Jahre, sondern nur noch 20 Jahre lang laufen. Netznutzungsentgelte sollen drastisch gesenkt werden.

Im Falle der Stadtwerke Lippstadt ist die Situation besonders vertrackt: Nicht nur, dass die unterschiedliche Auffassung über die Berechnungsgrundlage zum Disput zwischen Netzagentur und den Stadtwerken geführt hat. Die Stadtwerke Lippstadt liegen auch mit RWE vor Gericht wegen des Kaufpreises aus der Netzübernahme von 1994. Bis zum BGH ging diese Sache. Die Bundesrichter haben 2006 entschieden, dass entweder Sachzeitwert oder Ertragswert als Berechnungsgrundlage heranzuziehen sind, nicht aber die historischen Anschaffungskosten. Damit steht die Rechtsauffassung des BGH im eklatanten Widerspruch zur Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur.

Natürlich können die Stadtwerke den Klageweg gegen die Bundesnetzagentur beschreiten. Zunächst einmal ist allerdings der vorläufige Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren zu erwirken. Nur dann könnten die Stadtwerke ihre derzeitigen Netznutzungsentgelte für die Dauer des Hauptsacheverfahrens aufrecht erhalten. Kommt es hingegen zu keinem Erfolg im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, müssten die Stadtwerke die Netznutzungsgebühren bis zum Gerichtsentscheid im Hauptsacheverfahren auf das von der Regulierungsbehörde gewollte Niveau senken. Bei einem für die Stadtwerke positiven Ausgang des Verwaltungsgerichtsverfahrens (dauert etwa fünf Jahre) sollen sich die Stadtwerke die bis dahin ausgefallenen Netznutzungsentgelte von den Stromkunden wieder holen können. Dies wird von Experten als unrealistisch angesehen, da hier mit jedem Stromkunden im Einzelfall vertragliche Vorbehalte vereinbart werden müssten. Hierauf dürfte sich kein Kunde einlassen wollen.

Nutznießer der verfahrenen Situation sind die Großkonzerne. Wenn die Berechnungsgrundlagen zusammenschrumpfen, verbilligt sich der Kaufpreis für Stadtwerke einerseits. Andererseits könnten vielerorts die Stadträte genau wegen dieser absehbaren Entwicklung geneigt sein, jetzt so schnell wie möglich ihre kerngesunden Stadtwerke zu einem noch relativ günstigen Preis schnell an einen der Großkonzerne zu verkaufen. Diese hätten damit ihr Ziel erreicht. Und Lippstadt ist kein Einzelfall.

In NRW sind mindestens 50 Versorger von dieser Festlegung betroffen, alle Unternehmen, die in den neunziger Jahren das Stromnetz von der Essener RWE oder anderen Versorgern erworben haben und es seitdem kommunal betreiben. Die Versorger rechnen nun je nach Größe ihres Stromnetzes mit jährlichen Verlusten zwischen 1 und 10 Mio Euro. Sie erwarten nun Hilfe vom Bundeswirtschaftsminister. Die bayerischen Regulierer weichen zum Schutz der Stadtwerke angeblich bereits von den geltenden Vorschriften wieder ab.

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